»Malerei nach Jacob van Ruisdael « Bernhard Sprute

Der Analyse eines Werkes von Ruisdael, folgt das „Festmachen“ des Landschaftsmotivs in einer Faserstiftzeichnung auf Papier, danach die Übertragung auf das größere Leinwandformat, hier als Malerei direkt mit der Tube.
Die Ruisdael nachgestalteten Bildmotive werden auf einem speziell angefertigten Bilduntergrund platziert, der gleichzeitig auch als Bildhintergrund für die räumliche Wirkung des Bildes mitverantwortlich ist, da er atmosphärische Tiefe suggeriert. Der konzentriert gefügte, formal und inhaltlich vielschichtige Bilduntergrund wird in einer aufwendigen Technik hergestellt: Starkfarbige Schlieren und gestische Zeichen, Formen und Formfragmente werden auf die Leinwand gebracht, Gegenständliches und Kreatürliches wird nebeneinander und übereinander gemalt, wird mehrfach wieder zugemalt, abgedeckt und - nach einigen längeren Trocknungsprozessen - fast flächendeckend monochrom überstrichen.
Die Motive, Bilder, Bild-Prozesse werden also zugedeckt, dem Auge in ihrer Fülle entzogen. Später, durch ihre Korrespon- denz mit dem Ruisdael nachempfundenen Landschaftsmotiv, eröffnen sich in ihnen dann Landschafts-Assoziationen.
Die Malerei direkt mit der Tube, erlaubt einen plastisch wirkenden, reliefartigen Auftrag, der sich zum Betrachter hin eröffnet – im Gegensatz zu dem eher in die Bildtiefe weichenden Unter-, bzw. Hintergrund. Auch schafft die Tubenmalerei eine Zufälligkeit und eine leicht fragmentarische Wirkung.
Der Konturen bildende Auftrag des Landschaftsmotivs macht Durchblicke möglich, zieht in die Tiefe, verknüpft die Transparenz, das Fragmentarische des „nachgezeichneten“ Ruisdael-Motivs mit der teilweisen Durchsichtigkeit des in Schichten angelegten Hintergrundes.
Die eher monochrome Farbigkeit der Bilder, Blautöne, Grüntöne, Orange, Rot-Violett, soll emotionale Farbraumassoziationen und eine poetische Stimmung eröffnen. Oft hellblau-tonig erinnert der Bildgrund nicht zufällig an Wasser, Luft und Himmel, an Atmosphäre, die überall gegenwärtig ist und alles Konturierte umfasst, es weich erscheinen lässt. Manchmal ist er auch rosatonig. Rosa ist eine unbestimmte Farbe, eine Farbe, die quasi an nichts in der Natur erinnert. Dieser nahezu monochrome, mit reliefartig erhabenen sowohl gegenständlichen als auch gegenstandslosen Formfragmenten versehene Bildgrund wird zum Gegenstand einer visuellen Suchaktion.
Die präzise Gegenständlichkeit Ruisdaels löst sich auf in ein abstraktes Formenrepertoire, wird zu einem anderen System malerischer Landschaftsgestaltung. Beiden Darstellungsweisen - bei all ihrer formalen Unterschiedlichkeit - obliegt der Aspekt einer von Emotionalität und Assoziationen geprägten Landschaftssicht.

Bernhard Sprute, Bad Oeynhausen 2013